Pilotprojekt Presswasservergärung

Das Abfallentsorgungszentrum in Erbenschwang liegt etwa 6 km westlich von Schongau an der Bundesstraße 472. Es wurde im Frühjahr 1997 in Betrieb genommen. Bis dahin gab es am Standort seit 1982 nur die Hausmülldeponie des Landkreises. Zur Deponie hinzugekommen sind 1997 der Verwaltungssitz der EVA GmbH, ein Wertstoffhof und die mechanisch-biologische Behandlungsanlage (MBA) für den Hausmüll des Landkreises. 2019 wurde als bundesweites Pilotprojekt mit Förderung des Bundesumweltministeriums die Presswasservergärungsanlage gebaut. Sie ergänzt die mechanisch-biologische Restmüllbehandlungsanlage.

Mechanisch-biologische Vorbehandlung des Hausmülls bedeutet, dass der Hausmüll im AEZ nicht verbrannt wird. Der Landkreis betreibt kein Müllheizkraftwerk. Aber auch die mechanisch-biologische Behandlung verfolgt das Ziel einer umweltverträglichen Entsorgung des Hausmülls mit geringstmöglichen Nachwirkungen für die Zukunft bzw. für nachfolgende Generationen.
Früher erforderten Hausmülldeponien jahrzehntelange Nachsorgemaßnahmen, weil der darin abgelagerte Müll über eine lange Zeit kontinuierlich reagiert: Die enthaltene organische Substanz wird abgebaut. Dabei entstehen Deponiegase (vor allem Methan), die erfasst werden müssen. Das Gas wird entweder abgefackelt oder besser noch für die Verstromung genutzt. Ebenso müssen die Sickerwässer in Rohrsystemen gesammelt und in Kläranlagen speziell entsorgt werden. Die Deponie muss hinsichtlich ihrer Dichtigkeit und der chemischen Reaktionen überwacht werden, damit Böden, Gewässer und Atmosphäre nicht verschmutzt werden.
Vermeiden oder verringern lassen sich diese Nachsorgemaßnahmen nur, wenn nur noch inerter, d.h. nicht mehr reagierender Hausmüll abgelagert wird. Die organische Substanz im Restmüll muss also schon vor der Deponierung abgebaut werden. Das erreicht man durch eine Verbrennung des Mülls oder auch durch die mechanisch-biologische Behandlung wie im AEZ Erbenschwang. Dabei wird der Hausmüll kompostiert (= biologische Behandlung) und erst anschließend abgelagert, wenn er die gesetzlich festgelegten Kriterien für die Deponierung erfüllt. Ein wichtiges Kriterium ist dabei der Restgehalt an organischer Substanz.

Mechanisch-biologische Vorbehandlung des Hausmülls

Um den Müll für die Verrottung auf- oder vorzubereiten, gehen der biologischen Stufe mehrere mechanische Behandlungsschritte voraus:
Der Haus- und Geschäftsmüll, der von den Müllfahrzeugen aus den grauen Restmülltonnen entleert und ins AEZ gebracht wird, wird in der Anlieferhalle abgekippt und als erstes zerkleinert. Über ein Förderband wird der Müll zu einer Siebtrommel transportiert und in zwei Materialströme – größer und kleiner 60 mm – aufgeteilt.
Das grobe Material passiert einen Überbandmagneten zur Abtrennung der eisenhaltigen Metalle und wird der EBS-Anlage zugeführt, die seit 2013 aus dem Material mit überwiegend heizwertreichen Bestandteilen einen speziellen Ersatzbrennstoff (EBS) aufbereitet. Dafür wird der Müll weiter zerkleinert, Nichteisenmetalle und PVC-haltige Kunststoffe abgeschieden. So aufbereitet ist es möglich, den EBS auch in industriellen Heizkraftwerken wie z.B. bei UPM in Schongau oder in Augsburg-Gersthofen einzusetzen.
Das feine Material mit der Korngröße kleiner 60 mm passiert ebenfalls einen Überbandmagneten und wurde bis 2019 direkt in den Hauptrottebereich in eine der 8 Rottezeilen eingetragen und biologisch vorbehandelt.

Presswasservergärung
Seit Mai 2019 befindet sich die Presswasservergärungsanlage im Betrieb. Mit ihr wird aus dem Siebunterkorn des Hausmülls Strom und Wärme gewonnen. Dazu wird das Siebunterkorn vor der Verrottung durch eine Schneckenpresse geführt, in der Wasser organische Bestandteile aus dem Hausmüll ausgewaschen werden. Das herausgepresste und mit der Organik angereicherte Wasser gelangt in die Vergärungsanlage, der Hausmüll (Presskuchen) wie bisher in den Rottebereich zur Kompostierung.
Die Vergärungsanlage besteht aus einer Fermenterkaskade mit zwei Vorlagebehältern, zwei Biofilmfermentern, zwei Nachfermentern und einem Rührkessel-fermenter. Das Presswasser wird innerhalb von 8 bis 12 Tagen zu Methangas vergoren, das für die Stromgewinnung zur Verfügung steht.
Zusätzlich wird die im Blockheizkraftwerk entstehende Abwärme genutzt, um das Verwaltungsgebäude zu heizen und den Ersatzbrennstoff zu trocknen, der aus dem Siebüberkorn des Hausmülls erzeugt wird.
Es ist geplant, den Energiebedarf am Standort Erbenschwang zu 80 % über die Presswasservergärungs-anlage und die vorhandenen PV-Anlagen zu decken und weitgehend unabhängig zu werden von externen Engergielieferungen. 1,3 Millionen kg CO2 Äquivalente an Treibhausgasemissionen sollen jährlich vermieden werden – aus einem Material, das als „unverwertbarer“ Abfall in die Restmülltonnen geworfen wird.

Im Rottebereich verrottet der Müll über einen Zeitraum von etwa 30 bis 40 Tagen. Für einen optimalen Rotteprozess wird der Müll regelmäßig umgesetzt, belüftet und befeuchtet. Die biologische Behandlung erfolgt in zwei Phasen: nach der Hauptrotte schließt sich noch eine Nachrotte von ebenfalls 30 bis 40 Tagen an. Der frühere Rottebereich für den Biomüll wird mit seinen acht Zeilen als Hauptrotte, die Restmüllrotte mit 6 Rottezeilen als Nachrotte verwendet. Der verrottete Restmüll wird nach dem Austrag aus der Nachrotte noch mal abgesiebt. Das Material größer 50 mm wird nach der Abtrennung inerter Bestandteile wie z.B. Steine, die auch deponiert werden, der heizwertreichen Fraktion zugeschlagen und ebenfalls energetisch verwertet.

Das Material kleiner 50 mm wird auf der Deponie abgelagert. Das zerkleinerte Rottegut kann auf der Deponie sehr gut eingebaut und verdichtet werden, so dass der vorhandene Deponieraum optimal ausgeschöpft wird. Von den ursprünglich angelieferten Müllmengen müssen letztlich nur noch etwa 30 % auf der Deponie abgelagert werden.